Suk-Jae Kim fliegt seit 2005 als Pilot rund um die Welt. Ich habe mich mit dem sympatischen Piloten und Podcaster getroffen und mich mit ihm über die Fliegerei unterhalten. Im spannenden Interview beantwortete er mir auch die Fragen, die euch unter den Nägeln brennen.

Vor einiger Zeit hat mich Pilot Suk-Jae Kim, der bei Instagram unter dem Namen Cockpitbuddy bekannt ist, in meinem Office am Dortmunder Flughafen besucht und sich bei einer spannenden Liveshow auf Instagram euren und meinen Fragen gestellt. Fragen wie „Was kann man gegen Flugangst tun?“ und „Was sind Turbulenzen?“ wurden dabei genau so oft gefragt wie Fragen, die sich auf das Privatleben, die Ausbildung und den Alltag eines Piloten beziehen. Verständlich – schließlich ist kaum ein anderer Job so interessant wie der des Flugzeugkapitäns. Genau aus diesem Grund könnt ihr das spannende Interview mit einem Piloten hier noch einmal in Ruhe nachlesen.

Interview mit einem Piloten

Zum Beruf des Piloten | Über das Fliegen

Cockpitbuddy
Foto: Cockpitbuddy

Ein Pilot spricht über seinen Beruf

In diesem Abschnitt verrät euch Pilot Suk-Jae Kim, was ihr schon immer über den Beruf des Piloten wissen wolltet.

Suk-Jae, welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um Pilot zu werden und wie lange dauert die Ausbildung?

Die Voraussetzungen sind gar nicht so hart, wie viele denken. Man muss mindestens 21 Jahre alt sein und ein medizinisches Überprüfungszeugnis vorweisen, um die Pilotenlizenz MPL zu bekommen. Abitur oder Fachhochschulreife, technische Kenntnisse und ein mathematisches und physikalisches Verständnis sowie gutes Englisch sind ebenfalls Voraussetzungen für den Job.

Die Ausbildung zum Piloten ist nicht günstig

Die Ausbildung zum Piloten ist nicht ganz günstig. Hat man diese geschafft, muss man noch ein sogenanntes Type-Rating machen, um auf einen bestimmten Flugzeugtyp, auch Muster genannt, geschult zu werden. Das dauert etwa ein halbes Jahr. Alles in allem dauert die Ausbildung zum Piloten etwa zwei bis 2 1/2 Jahre. Man muss dabei ordentlich Gas geben und viel Stoff lernen. Aber es macht wirklich Spaß!

Haben Piloten ein Pauschalgehalt?

Das ist natürlich von Airline zu Airline unterschiedlich. Bei uns ist es so, dass eine gewisse Anzahl an Flugstunden in unserem Vertrag inkludiert ist. Alles darüber hinaus sind dann Überstunden.

Cockpit im Flugzeug
Traumjob Pilot?

Wie oft werden Piloten auf ihre Flugtauglichkeit geprüft?

Wir müssen jedes Jahr zur medizinischen Überprüfung, bei der verschiedene Sachen getestet werden. Alle paar Jahre steht dann eine größere Überprüfung inklusive EEG, Hörtest und weiteren Tests an. Ab 60 stehen die medizinischen Untersuchungen sogar halbjährlich an. Seit dem Germanwings Vorfall werden zudem regelmäßiger Alkohol- und Drogentests durchgeführt.

Wie werden die Flugrouten für Piloten festgelegt? Darfst du mitentscheiden, wohin die nächste Reise geht und wie lange im Voraus erfährst du, wo es als nächstes hingeht?

Die Flugrouten sind vom Flugzeugtypen abhängig. Ich fliege seit 1 1/2 Jahren nur die Boeing 747 und steuere dabei viele Ziele in Nordamerika, Asien und Afrika an. Die Routen, die ich fliege, wechseln sich schon sehr häufig ab und jeder Flug ist etwas anders, langweilig wird es also nie und gesehen habe ich auch noch nicht alles. Wir bekommen am 27. eines Monats den Plan für den nächsten Monat. Ich kann mir im Vorfeld eine Tour wünschen und bis zu vier Wunschtage, an denen ich gerne frei hätte, angeben. Die restlichen Einsätze sind davon abgängig, wohin mich meine Fluggesellschaft schickt.

Wie viele Stunden vor dem Start müssen Piloten am Flughafen sein?

Bei meiner Airline ist es so geregelt, dass wir bei Langstreckenflügen etwa 1 1/2 Stunden, mindestens aber eine Stunde vor Abflug am Flughafen sind. Diese Stunde brauchen wir als Vorbereitungszeit, wir haben viel zu checken, unter anderem das Wetter und die Lage am Ankunftsflughafen.

Piloten am Aiport

Was ist das Nervigste an deinem Job?

Auf Langstrecke ist das Nervigste der Jetlag. Die Zeitverschiebung ist schon anstrengend für den Körper. Auf Kurzstrecke hat man das Problem natürlich nicht. Wie in jedem Job hat auch das Pilotendasein Vor- und Nachteile.

Bekommen Piloten Rabatte, wenn sie privat irgendwo hinfliegen?

Als Angehöriger einer Airline kann man sehr günstig fliegen, auch bei anderen Airlines als der eigenen. Das Ganze funktioniert auf Stand-By Basis. Man kann also nur günstig mitfliegen, wenn Plätze im Flieger frei sind. Erst am Gate wird uns final gesagt, ob wir mitfliegen dürfen oder eben nicht. Das Spontane ist nicht jedermanns Sache, aber ich mag es!

Wie viel Zeit haben Piloten nach dem Flug am Ankunftsort? Bekommt ihr dort ein Hotel gestellt?

Auf der Langstrecke ist es meist so, dass wir entweder 24 oder 48 Stunden vor Ort haben. Auf der Kurzstrecke hat man einen relativ kurzen Aufenthalt, da sieht man nur wenig vom Ziel. Ich war viel in Europa unterwegs, habe aber wenig von den Städten gesehen. Bei der Airline, für die ich fliege, bekommen wir ein Hotelzimmer gestellt, bei anderen, meist kleinen Airlines müssen sich die Kollegen oft selbst ein Hotel suchen.

Eine Frau im Hotelzimmer
Zum ausgiebigen Sightseeing bleibt oft keine Zeit.

Lässt sich der Job als Pilot gut mit dem Privatleben vereinbaren?

Wie oft man Zuhause oder unterwegs ist, ist von Airline zu Airline unterschiedlich. Es gibt Airlines, bei denen man tatsächlich jeden Abend Zuhause ist. Bei meiner jetzigen Airline bin ich etwa 10-15 Tage im Monat weg. Man braucht ein stabiles Netzwerk und eine funktionierende Partnerschaft, die das aushält. Die meisten Airlines bieten auch tolle Teilzeitmodelle an, mit denen sich Job und Familie noch besser vereinbaren lassen.

Wieso hast du dich eigentlich persönlich für den Job des Piloten entschieden?

Die Fliegerei ist ein echter Kindheitstraum von mir. Ich wusste schon immer, dass ich in die Luft will. Bei der ersten Bewerbung bin ich noch gescheitert, doch dann hatte ich erneut die Chance, mich zu beweisen und konnte mir den Traum der Fliegerei tatsächlich erfüllen.

Cockpitbuddy
Foto: Cockpitbuddy

Ein Pilot über Turbulenzen, Flugangst & Autopiloten

Das Fliegen ist für die einen eine echte Faszination, für die anderen eher Mittel zum Zweck und für wieder andere sogar eine echte Horrorvorstellung. Suk-Jae Kim klärt euch über Hintergründe und Vorgehensweisen beim Fliegen auf und gibt Tipps, wie ihr Flugängste besiegen könnt.

Eine Frage, die sich viele Reisende stellen ist, wie eigentlich Turbulenzen entstehen?

Im Endeffekt sind Turbulenzen nichts anderes als Winde. Das Wichtige: Durch Turbulenzen ist noch nie ein Flugzeug abgestürzt.

Durch Turbulenzen ist noch kein Flugzeug abgestürzt

Das wissen viele gar nicht. Wenn ihr einfach angeschnallt sitzen bleibt, passiert euch nichts. Wir können anhand von Wetterkarten sogar schon vor dem Flug ausmachen, wo Turbulenzen auftreten könnten. Ich habe übrigens mehrere Podcast Folgen über Turbulenzen gemacht, wo ich genauer darauf eingehe und viele Fragen kläre.“

Was übernimmt der Autopilot und was der Pilot beim Fliegen?

Der Start eines Flugzeugs erfolgt immer manuell über den Piloten. Bei der Landung ist es bis auf ein paar Ausnahmen ähnlich. Bei Nebel müssen zum Beispiel die Autopiloten landen. In der Luft entscheiden dann die Piloten, ob sie das Flugzeug von den Autopiloten fliegen lassen möchten oder nicht.

Cockpitbuddy
Foto: Cockpitbuddy

Sind Flugbegleiter für medizinische Notfälle gebrieft?

Ja, die Kollegen sind sogar sehr gut für Notfälle geschult, da sie jedes Jahr einen Erste Hilfe Kurs machen müssen. An Bord haben wir außerdem jede Menge Equipment vom Defibrillator bis zu diversen Medikamenten. Apropos: Seid ihr gesundheitlich angeschlagen, rate ich euch vom Fliegen ab.

Ich habe gehört, dass man sogar bei einem einfachen Schnupfen lieber auf das Fliegen verzichten soll?

Wenn ihr einen Schnupfen habt, solltet ihr vor dem Flug unbedingt zum Arzt gehen und dort checken lassen, ob ihr den Druckausgleich noch hinbekommt. Ich bin als junger Pilot selbst einmal mit Schnupfen geflogen und dabei ist mein Trommelfell geplatzt. Die Heilung hat ewig gedauert. Wenn ihr euch nicht gut fühlt, dann lasst es also lieber! Außerdem wirken Alkohol und Medikamente in der Luft viel stärker.

Mit Schnupfen fliegen
Wie gefährlich ist es, mit einem Schnupfen zu fliegen?

Viele Menschen leiden unter Flugangst. Was kann man gegen die Angst vor dem Fliegen tun?

Ich bin selbst Coach für Flugangst und habe bereits zahlreiche Podcastfolgen und ein Ebook zu dem Thema herausgebracht. Flugangst ist in meinen Augen eine schlechte Angewohnheit. Zwar ist die Angst etwas Reales, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, verschwindend gering. Der Kopf ist bei Flugangst einfach falsch programmiert.

Bei Flugangst ist der Kopf einfach falsch programmiert

Aber man kann etwas dagegen tun. Als erstes muss man sich der Sache bewusst werden und sich die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten vor Augen führen. Dann kann die Umprogrammierung des Kopfes starten. In meinen Coachings helfe ich den Leuten so innerhalb von nur wenigen Wochen dabei, ihre Flugangst loszuwerden. Das Mindset spielt einfach eine große Rolle.

Frau mit Flugangst
Viele Menschen leiden unter Flugangst

Warum wird das Licht in der Kabine ausgeschaltet und warum müssen die Blenden an den Fenstern bei Start und Landung geöffnet sein?

Im Notfall muss ein Flugzeug innerhalb von 90 Sekunden evakuiert werden. Damit das auch klappt, müssen sich die Augen an die außerhalb des Flugzeugs herrschenden Lichtverhältnisse gewöhnen. Deshalb wird das Licht beim Start und bei der Landung ausgeschaltet. Bei den Blenden an den Fenstern geht es ebenfalls um die Sicherheit. Die Flugbegleiter müssen ihr Umfeld immer im Blick behalten und eventuelle Gefahren einschätzen können.

Was passiert, wenn sich das Fahrwerk nicht ausfahren lässt?

Ein Flugzeug hat mindestens zwei Systeme, mit denen das Fahrwerk vor der Landung ausgefahren werden kann. Außerdem gibt es ein drittes Notfallsystem. Die Reifen werden beim Einfahren so verstaut, dass man quasi nur einen Stift ziehen müsste, damit die Reifen ausfahren. Wenn das dann immer noch nicht funktioniert, könnte man immer noch auf dem Flugzeugbauch landen.

Ein Flugzeug in der Parkposition

Dürfen Piloten im Cockpit schlafen?

Auf Langstrecke sind wir zu dritt im Cockpit, dann wechseln wir uns mit dem Schlafen ab. Wir haben ein kleines Zimmer mit einer Pritsche, auf der wir schlafen können. Auf Kurzstrecke sind wir zwar nur zu zweit im Cockpit, wir dürfen aber trotzdem abwechselnd schlafen. Das nennt sich dann Napping und muss im Sitzen stattfinden. Außerdem dürfen wir das nur machen, wenn wir auf Reisehöhe sind und nicht viel los ist.

Warum müssen Handys auf Flugmodus geschaltet werden?

Früher hatte man die Sorge, dass die Handysignale den Funkverkehr stören könnten. Die Sorge ist zwar unbegründet, da technisch keine Gefahr von dem Gerät ausgeht, trotzdem ist es nicht erlaubt, das Handy ohne Flugmodus zu nutzen. Viele Fluggäste möchten nicht, dass an Bord telefoniert wird und außerdem hat man oben meistens sowieso keinen Empfang.

Handynutzung im Flieger
Im Flugzeug heißt es: Handy aus oder Flugmodus nutzen!

Was ist eine Blackbox?

Eine Blackbox hat zwei Funktionen: Einmal nimmt sie die Flugdaten und Parameter wie Flughöhe und Geschwindigkeit auf einer Festplatte auf und zum anderen beinhaltet die Blackbox den cockpit voice recorder, der jedes Gespräch im Cockpit aufzeichnet. Egal, was wir vorne reden – es wird aufgezeichnet.

Und über was redet ihr so beim Fliegen?

Die Phase, in der wir unter 10.000 Fuß fliegen, nennt sich steriles Cockpit, in der reden wir tatsächlich nur über das Fliegen. Auch die Kollegen in der Kabine dürfen in dieser Phase nur im Notfall im Cockpit anrufen. In einer Höhe von über 10.000 Fuß unterhalten wir uns dann auch mal über andere Dinge, die immer davon abhängig sind, mit welchem Kollegen man im Cockpit sitzt.

Was war dein schönstes Erlebnis auf einem Flug?

Eines der schönsten Erlebnisse hatte ich auf einem Nachtflug ab Vancouver. Da hatten wir total schöne Polarlichter, der ganze Himmel war voll. Ich war kurz davor, den ganzen Flieger zu wecken, weil das einfach so magisch war.

Cockpitbuddy
Foto: Cockpitbuddy

Hast du eigentlich schon einmal eine richtig peinliche Situation im Cockpit erlebt?

Ja, die gab es schon. Bei meinem ersten Flug durfte ich auch das erste Mal funken und habe direkt in die Passagierkabine gefunkt, statt zu den Lotsen. Andersherum ist es mir auch schon mal passiert. Dann gab es ganz viel Applaus von den Kollegen am Boden. Das war natürlich etwas peinlich.

…Und was war die gefährlichste Situation, die du bisher erlebt hast?

Richtig gefährliche Situationen habe ich bislang noch nicht erlebt und ich bin wirklich schon bei Wind und Wetter geflogen – zum Beispiel während des Orkans Kyrill. Ich bin auch schon mal mit nur einem Triebwerk geflogen, weil ich ein Triebwerk auf Leerlauf stellen musste und es ist nichts passiert. Ein Flugzeug kann nämlich auch mit nur einem Triebwerk problemlos weiterfliegen. Selbst das, was in den Medien oft als Notlandung bezeichnet wird, gehört bei uns Piloten zu den trainierten Situationen.

Wie findest du es, wenn Passagiere klatschen?

Also ich freue mich über Applaus, auch wenn ich ihn in der heutigen Zeit nur selten bekomme, geschweige denn höre. Der Applaus muss schon ziemlich laut sein, damit ihn die Piloten im Cockpit hören können. Immerhin: Die Flugbegleiter teilen uns mit, wenn die Passagiere nach dem Flug klatschen.

Klatschen im Flugzeug
Früher ganz normal: Klatschen nach der Landung

Spannende Einblicke in den Berufsalltag eines Piloten

Vielen Dank, dass du uns so spannende Einblicke in dein Berufsleben gewährt hast, Suk-Jae! Ich wünsche dir und euch always happy landings!

Faszination Fliegen