Ja, ich muss zugeben – Kanada hat einen besonderen Platz in meinem Herzen sicher. Ich möchte euch zeigen warum und nehme euch deshalb mit auf einen Roadtrip, den ich in meinem Leben nie vergessen werde.
Kanada ist ein Sehnsuchtsziel! Kein anderes Land ist so vielseitig, weit und frei wie dieses und nirgendwo sonst bin ich so entspannt wie hier. Ich habe ein paar Tage in der Wildnis in Québec verbracht und mich bei meinem mittlerweile dritten Besuch noch ein bisschen mehr verliebt: In die fantastische und unberührte Natur, in die unglaublich freundlichen Québecer und vor allem in das Essen, das hier so zelebriert wird wie nirgendwo sonst. Ich nehme euch mit in die Chic-Choc Mountains, eine der beeindruckendsten Regionen der Halbinsel Gaspésie.
Ein Roadtrip auf der Halbinsel Gaspésie
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Québec – Wunderschön und völlig unterschätzt
Rund 8 Stunden dauert der Flug ab Deutschland nach Montréal, von dort fliege ich weiter noch Mont Joli, einen kleinen Fischerort am Sankt Lorenz Strom, in dem man mit etwas Glück sogar vom Ufer aus Wale und Robben sehen kann. Als ich gemeinsam mit meinen beiden Begleiterinnen Pia und Franziska aus der kleinen Propellermaschine steige, begrüßt uns die Sonne und der frische, salzige Duft des Meeres.
Sofort umfängt mich dieses relaxte Gefühl, das Kanada bei so vielen von uns auslöst. Nach einer Nacht im modernen Riotel Matane, in dem es unglaublich leckere fangfrische Krabben und Lobster auf der Karte gibt, geht es mit dem Geländewagen Richtung Chic-Choc Mountains, eine enorme Berglandschaft, in der es eine riesige Elch-Population gibt. Unser Guide Etienne von Québec Maritime kennt sich bestens aus, er ist in der Gegend geboren und begleitet uns während der Tour, weiß immer wieder interessante Geschichten über Land und Leute zu erzählen und manövriert uns durch die unberührte Natur, als wäre das alles ein Kinderspiel.
Roadtrip in die Wildnis
Eineinhalb Stunden fahren wir entlang hübscher Dörfer, reißender Flüsse und durch dichte Wälder und immer wieder halte ich nach Elchen Ausschau, denn die zu sehen, steht auf meiner Kanada-Bucketlist jedes Mal wieder ganz weit oben.
Plötzlich stehen wir vor einem roten Tor – hier müssen wir durch, wenn wir zur Auberge de montagne des Chic-Chocs kommen wollen, deren Areal sich über mehr als 60km² erstreckt. Nach dem Tor windet sich eine ungeteerte Straße neun Kilometer hinauf zur Lodge. Hier oben, mitten in den Bergen, gibt es keinen Handyempfang, kein W-LAN, selbst Fernseher sucht man auf den Zimmern vergeblich. Schwierig, denke ich erst, aber als ich dann so richtig ankomme, weiß ich sofort, dass mir all dieser Schnickschnack nicht eine Sekunde fehlen wird.
Auberge de montagne Chic-Chocs – Unfassbar gut!
Wir werden herzlich begrüßt, die Mitarbeiter der Lodge sind unglaublich freundlich und charmant und verbreiten eine entspannte und positive Stimmung. Das Feeling bei der Ankunft lässt sich gar nicht genau beschreiben, ich weiß einfach ab der ersten Sekunde, dass dieses Hotel der perfekte Ort für ein paar Tage in der unberührten kanadischen Wildnis ist.
Wasserfälle und ein Rettungseinsatz
Nach dem Mittagessen und einem unkomplizierten Check-In machen wir uns direkt mit Etienne auf den Weg in die Natur. Wir ziehen uns die Wanderschuhe an und nehmen Walkie Talkies mit, denn ohne die lässt uns das Team der Lodge nicht losgehen. Die Wälder hier sind auch im Sommer tricky, im Falle eines Unfalls muss gewährleistet sein, dass wir auch gefunden werden können. Ohne Handysignal ist die Technik also Pflicht. Die Lodge stellt außerdem alle möglichen Hilfsmittel wie Rucksäcke, Wanderstöcke, Mountainbikes und natürlich Ski-Ausrüstung für die Wintermonate zur Verfügung – und wer mit Blasen an den Füßen nach Hause kommt, kann sich jeden Morgen um acht Uhr von den erfahrenen Guides versorgen lassen. Das Team ist wirklich für jede Eventualität gerüstet.
Sommer: 146€ p. P. und Nacht im DZ (EZ: 188€)
Winter: 197€ p. P. und Nacht im DZ (EZ: 288€)
Das ist inklusive: Unterkunft, Mahlzeiten, Transport vom Visitor Center in Cap-Chat, Betreuung durch professionelle Guides, Aktivitäten, Equipment (Kayaks, Mountain Bikes, Ski-Equipment uvm.)
Bestens ausgestattet geht es für uns tief hinein in die Wildnis der Chic-Choc Mountains. Schon von der Lodge aus kann man den Chute Helene sehen, einen gewaltigen Wasserfall, den man nach etwa 3 Kilometern Wanderung erreichen kann. Bergab folgen wir den ausgetretenen Elchpfaden, alle Wanderwege sind gut gekennzeichnet, damit man im kanadischen Dschungel nicht die Orientierung verliert. Immer wieder sehen wir Spuren der imposanten Elche, lauschen dem Gesang der Vögel und sehen Kleintiere durchs Unterholz huschen. Nach rund eineinhalb Stunden haben wir den Wasserfall erreicht – ein krasses Schauspiel und eine wirklich imposante Kulisse. Im Sommer kann man hier sogar schwimmen gehen, zumindest dann, wenn einem 5 Grad Wassertemperatur nichts ausmachen. Wir verzichten dankend!
Singing in the rain
Mittlerweile hat sich der Himmel zugezogen, in der Ferne können wir den Donner schon hören und beim Aufstieg zur Hütte fängt es dann an zu regnen. Etienne reagiert prompt, holt eine praktische Plane aus der Tasche und errichtet uns ein kleines Zelt, unter dem wir Zuflucht suchen, während der Regen durchs Blätterdach auf uns herab prasselt.
Macht ja nichts, denken wir uns und kommen in Sing-Laune. Kanada holt das aus euch raus, das kann ich euch versprechen – ständig haben wir bei unserem Trip vor uns hingesummt und das eine oder andere Liedchen angestimmt, einfach nur, weil uns danach war. Das ist mir in Deutschland schon lange nicht passiert.
Unsere Gesangskünste nützen uns allerdings wenig und wir müssen irgendwann einsehen: Wenn es hier in den Bergen einmal regnet, blitzt und donnert, hört es so schnell nicht mehr auf. Wir könnten abwarten, bis das Gewitter vorüberzieht, doch langsam wird es dämmrig und wenn es im Wald erstmal dunkel wird, kann man bald die Hand nicht mehr vor Augen sehen. Etienne weiß das natürlich und bereitet mit dem Team der Lodge einen kleinen Rescue-Einsatz vor. Kaum 20 Minuten später hören wir Motorengeräusche – Rettung naht!
Zwei der Guides kommen mit ATVs (All Terrain Vehicles) zur Hilfe geeilt. Durch den prasselnden Regen brettern wir quer durch die Wildnis, durch tiefe Pfützen und entlang der Seen wieder zurück zur Lodge. Ein perfekter Ausflug mit mega Action – klatschnass aber happy kommen wir wieder an der Auberge de Montagne des Chic-Chocs an.
Whirlpool mit Wahnsinnsaussicht
Nach diesem Abenteuer machen wir es uns erstmal im Outdoor-Whirlpool gemütlich. Und jetzt mal ehrlich: Was kann es Entspannteres geben, als im sprudelnden, warmen Wasser zu sitzen, ein Glas kanadischen Wein zu trinken und den tiefhängenden Wolken vor den beeindruckenden Chic-Choc Mountains zuzuschauen? Die Aussicht ist wirklich spektakulär.
Ein Hoch auf das kanadische Essen
Kanada, besonders der französischsprachige Teil, ist bekannt für wirklich gutes Essen. Kein einziges Mal bin ich während meiner Roadtrips enttäuscht worden, es gibt viel frischen Fisch, regionale Produkte und vor allem unglaublich gute Desserts. Die Quebecer wissen einfach wie man das Leben genießt – das ist auch hier auf der Lodge mitten im Nirgendwo so.
Je nach Anzahl der Gäste kocht Alain, der Chef de Cuisine, jeden Tag ganz unterschiedliche Menüs, die sich vor denen in Sternerestaurants keinesfalls verstecken müssen. Er hat schon in vielen großen Hotels dieser Welt gearbeitet, Staatsmänner verköstigt und genießt nach Jahren der Action die Ruhe und vor allem die Möglichkeit, kreativ und abwechslungsreich für die Gäste der Lodge zu kochen.
Hier steckt in jedem Detail viel Liebe, das schmeckt und sieht man bei jedem Gang. Gegessen wird in einem urig-modernen großen Wohnzimmer. Zentrum des Raumes ist ein großer, gläserner Kamin, um den sich Sofas und Schaukelstühle gruppieren. Alle Gäste sitzen an langen Tafeln, es wird gesellig gequatscht und die Aufgeschlossenheit der Kanadier macht Unterhaltungen selbst dann leicht, wenn Englisch und Französisch in den ersten Stunden noch etwas holperig daherkommen. Es wird viel gelacht und nicht nur die Gäste können es sich beim Essen gut gehen lassen, denn auch das gesamte Team der Lodge isst mit und mischt sich unter die Besucher.
Guy Laroche, der Manager der Lodge, unterhält uns blendend mit Geschichten über seine Mitarbeiter und das Leben in der Wildnis. Später gehen wir nach draußen, denn beinahe jeden Abend kommt einer der Elche zur Lodge, um sich an seinem Dessert, einem Salzleckstein, zu bedienen. Die Tiere sind frei und wild, doch weil auf dem gesamten Areal der Lodge Jagdverbot herrscht, sind sie längst nicht so scheu wie anderswo. Ein spektakulärer Anblick!
Gemeinsam mit der Crew des Hotels schauen wir in die Sterne – schon mit bloßem Auge sieht man hier gefühlt drei Mal so viele wie bei uns in Deutschland. Ein perfekter Abend, den wir so schnell nicht vergessen werden.
Natur pur – mehr braucht es nicht
Am nächsten Tag machen wir eine Kajak-Tour auf den Seen der Umgebung und wandern anschließend tief hinein in den Wald. Überall kann man frische Elch-Spuren sehen und unsere Guides sind sich ziemlich sicher, dass wir einem der Riesen über den Weg laufen werden. Und tatsächlich, nach einigen Stunden Wanderung steht sie uns gegenüber – die wunderschöne „Snow White“ eine Elchdame, die uns aufmerksam mustert, schließlich das Interesse verliert und langsam von dannen zieht. Ultracool, diese Begegnung!
Nach drei Tagen in der Wildnis bin ich entspannt wie nie! Selten habe ich so viel Gastfreundschaft in entspannter Atmosphäre erlebt und kann euch die Auberge de montagne des Chic-Chocs nur empfehlen. Egal ob im Sommer oder im Winter, es ist einfach wunderschön hier. Kein Wunder also, dass es auch immer wieder Celebrities und CEOs aus den großen Metropolen hierher verschlägt, die ein paar Tage abschalten und die Natur genießen wollen. Ein wirklich außergewöhnlicher Ort, den wir nur sehr wehmütig verlassen.
Ab auf die Insel
Unser Kanada-Roadtrip geht aber noch weiter – Etienne manövriert uns wieder hinaus aus der Bergwelt, Richtung Süden, immer weiter hinunter zur kleinen Insel Île aux Lièvres, einem geschützten Eiland inmitten des Sankt-Lorenz-Stroms. Denn auch das ist typisch für die Halbinsel Gaspésie – es gibt eine krasse Bergwelt, endlose Felder und Wälder und das Leben am Wasser, wo sich hübsche, nordfranzösisch anmutende Cottages an die Klippen schmiegen und immer wieder den Blick frei geben auf den gewaltigen Fluss, in dem man mit etwas Glück die neugierigen Beluga-Wale entdecken kann.
Mit einen Schnellboot geht es für uns auf die Île aux Lièvres, auf der es eine Lodge, aber auch Cottages und einige Campingplätze gibt. Gemeinsam mit Jean-François Giroux, einem Professor für Paleoökologie an der Universität von Montreal, wandern wir kreuz und quer über die Insel, beobachten Robben, die sich auf den Steinen sonnen und lassen uns von ihm die Geschichte der Insel näher erklären.
Die von der Société Duvetnor Ltée, einer Non-Profit-Organisation, verwaltete Insel ist ein Paradies für Vogelkundler. Seit 1979 wird der Lebensraum der Tiere geschützt und durch ein ziemlich cleveres Verfahren sehr lukrativ finanziert. Jedes Jahr in der Brutzeit machen sich Wissenschaftler und Freiwillige auf, um die in den Nestern der Eiderente gesammelten Daunen zu „ernten“, aufzubereiten und extrem erfolgreich zu verkaufen. Eine Decke aus den reinen Eiderdaunen wechselt für mehr als 10.000€ den Besitzer – echte Luxusprodukte also, das gerade in Deutschland, den USA und Asien viele Abnehmer finden.
Die Organisation konnte mit diesen Einnahmen bereits drei Inseln kaufen und zu offiziellen Schutzgebieten erklären. Ein super Projekt, das ihr euch bei einer Reise unbedingt anschauen solltet.
Wir verbringen eine Nacht auf der Insel und genießen die frische Luft und die Ruhe – ein kompletter Kontrast zum Aufenthalt in den Bergen, aber wie alle Orte in Kanada einfach wunderschön.
Verliebt in Kanada
Nach langen Tagen in der Wildnis, am Wasser und in den Bergen bin ich völlig entspannt und wieder einmal verliebt. In die unglaublich freundlichen Menschen, in das unfassbar gut Essen und in die Natur, die jedes Mal wieder die Antwort auf alle Fragen ist.
Ich kann euch Québec nur ans Herz legen, uneingeschränkt, jederzeit und immer wieder. Lasst euch verzaubern und genießt die perfekte Mischung aus Großstädten und der unendlichen Weite der Seen und Berge. Merci Canada, es war wieder ein Fest mit dir!
Ein Zimmer in der Auberge des Chic Chocs kostet für 4 Tage (inkl. An- und Abreisetag) um die 1400 Euro. Das ist ein Preis, den sich wohl tatsächlich nur Celebrities leisten können.